quarta-feira, 23 de fevereiro de 2011

Robert Bellarmin, Kirchenlehrer und Heiliger, als Vorbild für den Dienst an der Kirche : Wer Gott findet, findet alles

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ROM, 23. Februar 2011 (ZENIT.org).- Der große Gelehrte und vorbildliche Hirte nach dem Konzil von Trient, der hl. Robert Bellarmin, stand im Zentrum der heutigen Katechese bei der Generalaudienz. Er hatte entscheidend zur Stärkung der Identität der römischen Kirche nach der Reformation beigetragen.
Wir veröffentlichen die Zusammenfassung des Heiligen Vaters auf Deutsch und die vollständige italienische Ansprache in einer eigenen deutschen Übersetzung:
"Liebe Brüder und Schwestern!
Heute möchte ich über den heiligen Robert Bellarmin sprechen, der in der Zeit der schmerzlichen Spaltung der abendländischen Christenheit gelebt und gewirkt hat. Robert Bellarmin wurde 1542 in Montepulciano in der Toskana geboren. 1560 trat er in die Gesellschaft Jesu ein und wurde Professor für Apologetik am Collegium Romanum. Kurz nach dem Abschluß des Konzils von Trient trugen seine Vorlesungen, die in den vier Bänden der Kontroversen veröffentlicht wurden, wesentlich dazu bei, daß die Identität der katholischen Kirche neu gestärkt und gefestigt wurde. Durch Vernunftargumente, durch Verweis auf die Tradition der Kirche und unter Vermeidung jeder Polemik gegenüber den Ideen der Reformation legte Bellarmin die katholische Lehre dar. Die Kontroversen beschreiben vor dem Hintergrund jener Probleme von damals die Gestalt der Kirche: Er betont sehr stark ihren sichtbaren Aspekt als Institution, aber auch ihre unsichtbare, innere Seite und vergleicht das Verhältnis von Institution und Inwendigkeit der Kirche mit dem Verhältnis der Seele zum Leib - die inneren Reichtümer der Kirche werden durch ihre äußere Gestalt sichtbar gemacht. Robert Bellarmin hatte als päpstlicher Theologe und später als Kardinal, als Mitglied verschiedener Kongregationen und als Gesandter des Apostolischen Stuhles hohe Aufgaben in der Kirche inne. Aber das Eigentliche seines Lebens war doch immer, daß er nach Christus, nach der Gemeinschaft mit dem lebendigen Gott suchte, heilig zu sein suchte. Aus seiner Treue und seiner pastoralen Liebe sind Hunderte von Predigten und pastoralen Vorträgen entstanden, in denen er als geistlicher Sohn des heiligen Ignatius die Hörer zum Wesentlichen hinführte: zur Ausrichtung der ganzen Kräfte der Seele auf Jesus Christus. Ihn zu erkennen, zu lieben und nachzuahmen ist sein Ziel. Als sichere Richtschnur für ein gutes Leben und Sterben riet er, oft und ernsthaft daran zu denken, daß wir Gott über unser Leben Rechenschaft abzulegen haben; nicht Reichtümer auf Erden anzuhäufen, sondern daß wir durch Einfachheit und Liebe Reichtümer im Himmel schaffen sollten. Und so geht es ihm letztlich darum, ein Mensch zu sein, der sich von der Liebe Gottes umfangen und getragen weiß.
Von Herzen grüße ich alle deutschsprachigen Pilger, heute besonders Bischof Ludwig Schwarz mit den Dechanten aus der Diözese Linz. Die Heiligen sind Menschen, die ein ganz normales Leben, ein anspruchsvolles Berufsleben wie der heilige Bellarmin gelebt haben, aber darin inwendig bei Gott geblieben sind und von daher auch das Berufliche besser bewältigt haben. So sollten wir vom heiligen Robert Bellarmin dies lernen: den inneren Kontakt mit Gott, mit Christus zu halten und so von ihm langsam geformt und erleuchtet zu werden. Er sagt ausdrücklich: Jede Reform der Kirche beginnt mit der Reform meiner selbst. Nur wenn ich mich reformieren lasse, trage ich auch wirklich zur Erneuerung der Kirche bei. Der Herr schenke uns allen dazu seine Gnaden".


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Liebe Brüder und Schwestern,
der hl. Robert Bellarmin, von dem ich euch heute erzählen möchte, erinnert uns an die Zeit der schmerzlichen Aufspaltung der westlichen Christenheit, als einer großen politischen und religiösen Krise, welche die Abkehr ganzer Nationen vom Heiligen Stuhl verursachte.
Am 4. Oktober 1542 in Montepulciano nahe Sienas geboren, war er mütterlicherseits Neffe des Papstes Marcellus II. Er erhielt eine exzellente humanistische Bildung, bevor er am 20. September 1560 in die Gesellschaft Jesu eintrat. Die Studien der Philosophie und Theologie, denen er an den Kollegien in Rom, Padua und Löwen nachkam, stellten den hl. Thomas und die Kirchenväter in den Mittelpunkt und wurden für seine theologische Ausrichtung ausschlaggebend. Am 25. März 1570 wurde er zum Priester geweiht und wirkte für einige Jahre als Theologieprofessor in Löwen. Im Anschluss daran wurde er als Professor an das Collegio Romano berufen und hatte den Lehrstuhl für ‚Apologetik‘ inne. In dem Jahrzehnt, in dem er diese Aufgabe versah (1576‑1586), erarbeitete er einen Lehrkurs, der später die ‚Controversiae‘ beeinflusste, eine wegen ihrer Klarheit, ihres inhaltlichen Reichtums und ihres vornehmlich historischen Zuschnitts sofort berühmt gewordene Arbeit. Erst kurz davor hatte das Konzil von Trient geendet und für die katholische Kirche war es erforderlich, ihre eigene Identität in Bezug auf die protestantische Reformation zu konsolidieren und zu bekräftigen. Das Wirken Bellarmins fügte sich in diesen Kontext ein. Von 1588 bis 1594 wurde er der erste Pater Spiritual der Jesuitenstudenten des Collegio Romano, unter ihnen traf und führte er auch den hl. Aloisius Gonzaga, und später Ordensoberer. Papst Clemens VIII. ernannte ihn zum päpstlichen Theologen und Ratgeber des Heiligen Offiziums sowie zum Rektor des Pönitentiarkollegs des Petersdoms. In den zwei Jahren von 1597‑1598 entstand sein Katechismus, eine kurze christliche Glaubenslehre, die sein bekanntestes Werk werden sollte.
Am 3. März 1599 wurde er von Papst Klemens VIII. zum Kardinal, am 18. März 1602 zum Erzbischof von Capua erhoben. Er empfing die Bischofsweihe am 21. April desselben Jahres. In den drei Jahren, in denen er Diözesanbischof war, zeichnete er sich durch seinen Eifer als Prediger in seiner Kathedrale, für seine wöchentlichen Besuche in den Pfarreien, drei Diözesansynoden und ein Provinzkonzil aus, das er ins Leben rief. Nachdem er an jenen Konklaven teilgenommen hatte, in denen die Päpste Leo XI. und Paul V. gewählt worden waren, wurde er nach Rom berufen, wo er Mitglied der Kongregationen des hl. Offiziums, des Indexes, der Riten, der Bischöfe und der Verbreitung des Glaubens wurde. Er bekleidete auch diplomatische Ämter für die Republik Venedig und England, um die Rechte des Heiligen Stuhls zu verteidigen. In seinen letzten Jahren verfasste er einige geistliche Bücher, in denen er die Früchte seiner jährlichen geistlichen Exerzitien zusammen trug. Aus ihrer Lektüre gewinnt das christliche Volk auch heute noch große Erbauung. Er starb am 17. September 1621 in Rom. Papst Pius XI. sprach ihn 1923 selig, 1930 heilig und ernannte ihn 1931 zum Kirchenlehrer.
Der hl. Robert Bellarmin spielte eine bedeutende Rolle in der Kirche der letzten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts und der ersten Jahrzehnte des folgenden Jahrhunderts. Seine ‚Controversiae‘ sind eine auch heute noch wertvolle Anlaufstelle für die katholische Ekklesiologie und die Fragen der Offenbarung, der Natur der Kirche, der Sakramente und der theologischen Anthropologie. Aufgrund der Irrtümer, die damals im Zusammenhang mit diesen Fragen kursierten, scheinen die Akzente auf dem institutionellen Aspekt der Kirche zu liegen. Allerdings klärt Bellarmin die unsichtbaren Aspekte der Kirche als mystischem Leib und erläutert sie mit der Analogie von Körper und Seele, um abschließend die Beziehung zwischen den inneren Reichtümern der Kirche und die äußerlichen Aspekte, in denen sie sichtbar gemacht werden, zu erklären. In diesem monumentalen Werk, das versucht, die verschiedenen theologischen Diskussionen seiner Zeit zu systematisieren, vermeidet er jeglichen polemischen und aggressiven Zuschnitt gegenüber den Ideen der Reformation. Stattdessen nutzt er Argumente der Vernunft und der Tradition der Kirche, um in klarer und wirkungsvoller Weise die katholische Lehre darzustellen.
Sein Erbe besteht vornehmlich in der Weise, wie er seine Arbeit auffasste. Die anstrengenden Regierungsämter hinderten ihn nicht daran, jeden Tag nach Heiligkeit und Treue zu den Anforderungen seines Ordens-, Priester- und Bischofsstandes zu streben. Von dieser Treue stammt seine Anstrengung in der Verkündigung. Als Priester und Bischof war er vor allem Hirte der Seelen und fühlte den Drang, intensiv zu predigen. Hunderte von ‚Sermones‘ - Predigten ‑ sind in Flandern, Rom, Neapel und Capua erhalten, die er dort anlässlich liturgischer Feiern hielt. Nicht weniger zahlreich sind seine ‚Expositiones‘ und ‚Explanationes‘ an die Pfarrer, Ordensleute und Studenten des Collegio Romano, die oft die Heilige Schrift, vor allem die Briefe des hl. Paulus, zum Thema haben. Seine Predigten und Katechesen sind zeichneten sich durch die gleiche Wesentlichkeit aus, die er durch seine ignatianische Erziehung erworben hatte, welche die alle Kräfte der Seele auf den Herrn Jesus Christus, der zutiefst gekannt, geliebt und nachgeahmt wird, konzentrierte.
In den Schriften dieses Regierungsmannes wird gerade durch die Zurückhaltung, hinter der sich seine Gefühle verbergen, jener Vorrang klar, den er den Lehren des Herrn zuschreibt. Der hl. Bellarmin bietet so jeder Seele, wie sie auch geschaffen sein mag, ein Modell des Gebetes an: ein Gebet, das die Worte des Herrn hört, deren Größe betrachtet, das sich nicht in sich selbst verschließt, sondern sich ganz Gott hingibt. Ein Kennzeichen der Spiritualität Bellarmins ist die lebendige und persönliche Erkenntnis der unermesslich großen Güte Gottes, wegen derer unser Heiliger sich wirklich als geliebtes Kind Gottes fühlt und die für ihn Quelle großer Freude darstellt, zu der er sich in Ruhe und Einfachheit, im Gebet und in der Betrachtung Gottes zurückzieht. In seinem Buch ‚De ascensione mentis in Deum‘ ‑ der Erhebung des Geistes zu Gott ‑, das nach dem Schema des ‚Itinerarium‘ des hl. Bonaventura verfasst wurde, verkündet er: „O Seele, Abbild Gottes, unendliche Schönheit, Licht ohne Schatten, Herrlichkeit, die die Sonne und den Mond übertrifft. Hebe deine Augen zu Gott, in dem du die Urbilder aller Dinge findest und von dem, wie aus einer Quelle unendlicher Fruchtbarkeit, diese fast unendliche Vielfalt der Dinge stammt. Daher musst du zu dem Schluss kommen: wer Gott findet, findet alles, wer Gott verliert, verliert alles."
In diesem Text hört man das Echo der berühmten ‚Contemplatio ad amorem obtineundum‘, der Betrachtung, um die Liebe zu erreichen, aus den geistlichen Exerzitien des hl. Ignatius. Bellarmin, der in der prachtvollen und oft kränklichen Gesellschaft des ausgehenden 16. und frühen 17. Jahrhunderts lebte, zieht aus dieser Betrachtung praktische Anwendungen und überträgt sie mit wirkungsvoller pastoraler Anstrengung auf die Situation der Kirche in seiner Zeit. In ‚De arte bene moriendi‘ ‑ Von der Kunst, gut zu sterben ‑ zeigt er etwa, dass die häufige ernsthafte Meditation eine sichere Leitschnur des guten Lebens und des guten Sterbens ist, da sie sich Gott in den eigenen Handlungen vor Augen stellt und nicht versucht, irdische Güter zu sammeln, sondern mit Liebe die Güter im Himmel zu häufen. In ‚De gemitu columbae‘ - Vom Ächzen der Taube ‑, in dem die Taube die Kirche darstellt, fordert er mit Nachdruck den Klerus und die Gläubigen zur persönlichen und praktischen Umkehr des eigenen Lebens auf, entsprechend der Lehre der Heiligen Schrift und der Heiligen, unter denen er vor allem den hl. Gregor von Nazianz, den hl. Johannes Chrysostomos, den hl. Hieronymus, den hl. Augustinus und des Weiteren auch die großen Ordensgründer, den hl. Benedikt, den hl. Dominikus und den hl. Franziskus zitiert. Mit großer Klarheit und dem Beispiel seines eigenen Lebens lehrt uns Bellarmin, dass es keine wahre Reform der Kirche geben kann, wenn vorher nicht unsere persönliche Reform und die Bekehrung unseres Herzens stattfindet.
Den Geistlichen Übungen des hl. Ignatius fügte Bellarmin Ratschläge hinzu, um auf tiefe Weise auch den einfachsten Menschen die Schönheit der Geheimnisse des Glaubens vermitteln zu können: „Wenn du Weisheit hast, dann verstehst du, dass du zur Herrlichkeit Gottes und für deine ewige Erlösung geschaffen bist. Dies ist dein Ziel, dies ist das Zentrum deiner Seele, der Schatz deines Herzens. Darum ist nur das wirklich gut für dich, was dich an dein Ziel bringt; das wirklich schlecht, was dich davon fernhält. Gute oder schlechte Ereignisse, Reichtum und Armut, Gesundheit und Krankheit, Ehre und Schmähungen, Leben und Tod, darf der Weise weder suchen, noch ihnen ausweichen. Doch gut und wünschenswert sind sie nur, wenn sie zur Herrlichkeit Gottes und deiner ewigen Freude beitragen, schlecht und zu vermeiden sind sie, wenn sie davor fliehen oder dieses behindern" (De ascensione mentis in Deum, grad. 1).
Dies sind nicht Worte, die aus der Mode gekommen sind, sondern tiefe Einsichten, um unseren Weg auf dieser Erde zu führen. Sie erinnern uns daran, dass das Ziel unseres Lebens der Herr, der Gott ist, der sich in Jesus Christus offenbart hat, indem er uns weiterhin ruft und uns zur Einheit mit ihm einlädt. Sie erinnern uns an die Bedeutung des Vertrauens in den Herrn, an die Verausgabung unseres Lebens für das Evangelium, daran, dass wir, durch den Glauben im Gebet erleuchtet, jeden Umstand und jedes Wirken in unserem Leben annehmen und immer nach Einheit mit Ihm streben. Amen.

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