Liebe Brüder und Schwestern!
In den vergangenen Katechesen haben wir über Psalmen meditiert, um von dort beten zu lernen. Mit der heutigen Katechese möchte ich beginnen, über das Gebet im Leben Jesu zu sprechen, und von ihm selbst her zu erlernen, was beten heißt. Der Evangelist Lukas erzählt uns, dass Jesus bereits als Zwölfjähriger im Tempel von Jerusalem zurückblieb und seinen Eltern erklärte, dass er in dem sein muss, was seinem Vater gehört (vgl. 2,49). Lukas erwähnt das Beten Jesu auch bei der Taufe im Jordan und schreibt: »Zusammen mit dem ganzen Volk ließ auch Jesus sich taufen. Und während er betete, öffnete sich der Himmel […] und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn« (3,21–22). Beide Stellen zeigen uns die tiefe Verbundenheit zwischen Jesus und dem himmlischen Vater. Auch wenn Jesus die konkreten Formen des Betens von seiner Mutter und in der jüdischen Tradition gelernt hat, so entspringt sein Beten doch einer tieferen verborgenen Quelle, seinem Sohn-Sein, der ewigen Sohnschaft: »Er ist«, so sagt der Katechismus, »der ewige Sohn Gottes, der in seiner heiligen Menschheit das vollkommene kindliche Gebet an den Vater richtet« (Kompendium des KKK, 541). In seiner Sohnschaft, in dieser besonderen Liebe pflegt Christus eine ganz persönliche Beziehung zum Vater, wenn er sich zum Gebet in die Wüste oder auf einen Berg zurückzieht, wenn er die ganze Nacht im Gebet zubringt, um beim Vater zu sein. Von dieser innerlichen Gemeinschaft zum Vater ist sein ganzes Wirken, Heilen, Lehren und Trösten erfüllt. Aber er fragt auch uns an: Was bedeutet Gebet eigentlich in meinem Leben? Bete ich? Wie lerne ich beten? Wie öffne ich mich im Beten auf ihn hin? Wie füge ich mein Beten ein in das große Beten der Kirche und sein Beten selber, um als betender Mensch dazu beizutragen, dass immer wieder der Himmel sich öffnet und hereinschaut in die Welt. Beten ist einerseits ein Geschenk von Gott her, aber auch eine Kunst, die man lernen muss. Wir wollen auch in den folgenden Wochen uns darum mühen, sie tiefer zu erlernen, um damit der Welt wieder den Himmel näher zu bringen.
[Die deutschsprachigen Pilger grüßte der Papst mit folgenden Worten:]
Mit Freude grüße ich die deutschsprachigen Pilger und Besucher. Auch wir sind als Kinder Gottes gerufen, durch das Gebet in die vertrauensvolle Beziehung zu Gott, unserem Vater zu treten. Seine Liebe schenkt uns die wahre Freude, die wir unseren Mitmenschen weitergeben dürfen. Euch allen wünsche ich eine gesegnete Adventszeit.